Es gibt Uhren, die höflich an die Tür klopfen, bevor sie den Raum betreten – und dann gibt es die Orfina Porsche Design Ref. 7176 S aus dem Jahr 1974, die einfach durch die Wand bricht. Schwarz wie frisch geteertes Asphaltband, kantig wie ein Porsche 911 der G-Serie und genauso kompromisslos: Sie war die erste ihrer Art, die sich traute, komplett auf Farbe zu verzichten und dabei trotzdem lauter zu sprechen als alle glänzenden Konkurrenten zusammen.

Als Ferdinand Alexander Porsche die Uhrenwelt vor den Kopf stieß

1972, Stuttgart. Ferdinand Alexander Porsche – der Mann, der dem 911 seine Silhouette gab – gründet sein eigenes Designbüro. Der erste Auftrag: eine Uhr für verdiente Porsche-Mitarbeiter. Statt eine klassische goldene Ehrengabe zu entwerfen, tat F.A. Porsche, was er am besten konnte: Er ignorierte Konventionen.

Sein Blick wanderte nicht in die Schaufenster der Juweliere, sondern ins Cockpit des 911: mattschwarze Instrumententafeln, blendfrei, funktional, kompromisslos. »Mir ging es darum, eine Uhr passend zum Auto zu kreieren«, sagte er später. Heraus kam die erste komplett schwarze Armbanduhr der Welt – ein Designschock, der die Uhrenszene in zwei Lager spaltete.

Während konservative Stimmen von »provokativ schmucklos« sprachen, stürmten Lufthansa-Piloten, Porschefahrer und sogar Formel-1-Größen wie Mario Andretti, Carlos Reutemann und Emerson Fittipaldi die Läden. Der rote Stoppzeiger und die kontrastreichen Totalisatoren wirkten wie geliehene Teile aus dem 911-Cockpit.

Schließe der Orfina Porsche Design 7176 S
Quelle: https://shop.porsche.com/de/de-DE/porsche-design-timepieces-philosophie-heritage

PVD: Schwarze Technik aus der Raumfahrt

Was heute Standard ist, war 1972 pure Avantgarde: Physical Vapour Deposition (PVD). Ursprünglich aus der Luft- und Raumfahrt, beschichtete das Verfahren Metall im Vakuum mit mikroskopisch feinen Partikeln. Die Schichtdicke lag damals bei wenigen Mikrometern, hart genug für den Alltag, aber nicht unempfindlich gegen harte Stöße.

Für die 7176 S bedeutete das: eine gleichmäßig matte, reflexionsfreie Oberfläche. Die ersten PVD-Beschichtungen waren zwar nicht unzerstörbar – Kratzer und Abrieb gehörten dazu – doch genau das machte sie später zu begehrten Vintage-Stücken. Jeder Abrieb ist ein Kapitel, jeder helle Durchschimmer ein Hinweis auf gelebte Abenteuer.

Heute, 50 Jahre später, trägt die schwarze Dame eine Patina, die man nicht künstlich erzeugen kann: Kanten leicht blank, Stahlband ins Anthrazit übergegangen. Das originale H-Link-Armband aus Edelstahl, ebenfalls PVD-beschichtet, endet in einer stabilen Faltschließe – heute oft schwer zu finden, wenn Ersatz benötigt wird. Der Look? Authentisch wie eine alte Rennstrecke, deren Teer Narben aus vielen Saisons trägt.

Lemania 5100: Das Arbeitstier mit Rennlizenz

Unter dem Zifferblatt schlägt das Lemania 5100 – eines der robustesten Chronographenwerke seiner Zeit. Von 1974 bis 2002 gebaut, wurde es wegen seiner Zuverlässigkeit und Servicefreundlichkeit von Militärs, Piloten und Tool-Watch-Herstellern geliebt.

Sein Markenzeichen: der zentrale Minutenzeiger für den Chronographen. Während andere Werke gestoppte Minuten in kleine Hilfszifferblätter verbannten, zeigte das 5100 sie groß und direkt auf dem Hauptzifferblatt an – genial für Piloten und Rennfahrer, die auf einen Blick Zeiten ablesen mussten.

Technisch bot es 28.800 Halbschwingungen pro Stunde, eine Gangreserve von rund 48 Stunden und 17 Lagersteine. Die Kulissenschaltung für den Chronographen war funktional und einfach zu warten. Das Werk widerstand Schockbelastungen bis 7G und Temperaturen zwischen -20 und +50 Grad Celsius – Werte, die es für den militärischen Einsatz prädestinierten.

Es war kein Werk für Sichtböden, sondern für Einsätze. Die Kombination aus gestanzten Stahlteilen und Delrin-Kunststoffkomponenten machte es unempfindlich gegen Stöße und Temperaturschwankungen. Viele Exemplare laufen auch heute noch innerhalb der Spezifikationen – nach einem halben Jahrhundert.

Die Orfina Porsche Design 7176 S

Design-DNA: Grenchen trifft Zuffenhausen

Die Partnerschaft zwischen Porsche Design und Orfina in Grenchen war ein Glücksfall. Orfina brachte die Uhrmacherkunst, Porsche die gestalterische Radikalität. Heraus kam eine 41-mm-Toolwatch, 15 mm hoch, wasserdicht bis 100 Meter – und mit einem Gewicht, das sofort klar machte: Hier gibt es keine halben Sachen.

Das Zifferblatt folgt der Logik eines Cockpits: drei Totalisatoren in 6-9-12-Anordnung, Tachymeterskala am Rehaut, leuchtende Indizes und Zeiger, die bei jedem Licht ablesbar bleiben. Die Tag-Datum-Anzeige bei 3 Uhr macht sie alltagstauglich, der rote Chronographenzeiger sorgt für einen visuellen Kontrapunkt inmitten des schwarzen Feldes.

Von Top Gun bis Trophäenregal

Dass die 7176 S nicht im Museum landete, sondern im Alltag getragen wurde, verdankt sie ihrer Vielseitigkeit – und ein bisschen Hollywood. Tom Cruise trug sie in »Top Gun«, und plötzlich wollte auch der Büroangestellte mit Aktenkoffer einen Hauch von Fighter-Pilot-Feeling am Handgelenk.

Gleichzeitig blieb sie bei Profis beliebt: Ob im Cockpit, auf der Rennstrecke oder beim Fallschirmsprung – ihre Ablesbarkeit, Robustheit und klare Formsprache machten sie zu einem verlässlichen Partner.

Modellvarianten und Referenzen im Vergleich

Die 7176 S ist nur ein Kapitel in der Porsche-Design-Uhrengeschichte. Neben ihr gab es u. a. die 7176 B (B für »blanc«, also Edelstahl ohne PVD) und die 7176 AM (Military-Version für die Bundeswehr mit 12h-Lünette).

  • 7176 S – schwarze PVD-Beschichtung, Lemania 5100, Tag-Datum, klassische 6-9-12-Anordnung.
  • 7176 B – identisches Gehäuse, jedoch in satiniertem Edelstahl, etwas eleganter im Auftritt.
  • 7176 AM – auf militärische Anforderungen angepasst, oft mit NATO-Band ausgeliefert, teils mit festen Stegen für maximale Sicherheit.
  • Chronographen mit Valjoux 7750 – spätere Modelle, als das Lemania 5100 nicht mehr verfügbar war, optisch ähnlich, technisch jedoch anders aufgebaut.

Für Sammler ist diese Unterscheidung wichtig, denn Preis, Seltenheit und Tragegefühl unterscheiden sich deutlich.

Frühe Serie vs. späte Serie

Frühe 7176 S-Modelle erkennt man an der feinen, tiefschwarzen PVD-Schicht und dem markant roten Chronographenzeiger, der teilweise in einem etwas anderen Rotton lackiert war als spätere Varianten.

Spätere Serien aus den 80er Jahren zeigen oft:

  • leicht abweichende Typografie auf dem Zifferblatt,
  • eine robustere, aber matter wirkende Beschichtung,
  • minimal geänderte Bandanstöße.

Solche Details können beim Kauf entscheidend sein – sowohl für den Preis als auch für die Authentizität.

Kaufberat... Gedanken für Interessierte

Wer eine 7176 S sucht, sollte auf Folgendes achten:

  1. Beschichtung: Original-PVD ist schwer nachzumachen. Eine zu perfekt wirkende schwarze Oberfläche kann auf eine Neu-Beschichtung hindeuten – was den Sammlerwert mindert.
  2. Werkzustand: Lemania 5100-Teile sind heute nicht mehr unbegrenzt verfügbar. Eine Revision bei einem Lemania-erfahrenen Uhrmacher ist Pflicht.
  3. Zubehör: Originalboxen und Papiere sind selten, steigern aber den Wert erheblich.
  4. Zeigersatz: Tritium-Patina sollte zu Indizes passen – ein frischer Zeigersatz neben gealterten Leuchtpunkten wirkt oft disharmonisch.
Am Arm: die Orfina Porsche Design 7176 S

Der Markt heute: Von der Straße ins Schaufenster

Auf dem Vintage-Markt ist die 7176 S kein Massenprodukt. Gut erhaltene Exemplare mit gleichmäßiger PVD-Schicht erzielen zwischen 3.000 und 8.000 Euro. Stärker abgenutzte Modelle sind günstiger – und oft gerade wegen ihrer Gebrauchsspuren gefragt.

Der Preis hängt stark von Zustand, Papieren und Provenienz ab. Ein Exemplar, das nachweislich einem Rennfahrer gehörte, kann schnell in ganz andere Regionen klettern. Doch für viele Sammler ist der Wert dieser Uhr nicht in Euro zu messen, sondern in der Freude, sie zu tragen.

Patinierte Krone der Orfina Porsche Design 7176 S

Alltag mit Charakter

Im täglichen Einsatz zeigt die 7176 S, warum sie mehr ist als ein Sammlerstück. Sie funktioniert genauso souverän zum Anzug wie zur Lederjacke, zum Sonntagsbrunch wie zur Werkstattarbeit. Ihre Tritium-Leuchtmasse hat sich in warmes Vanillegelb verwandelt, das nicht nur charmant aussieht, sondern wie ein Vintage-Filter die Zeit auf dem Handgelenk einfärbt.

Perfekt ist sie nie gewesen – und will es auch gar nicht sein. Sie lebt vom Mix aus Technikgeschichte, Designradikalität und gelebtem Leben.

Die Orfina Porsche Design 7176 S

Kein Flüstern – ein klarer Satz

Die Orfina Porsche Design Ref. 7176 S ist keine Uhr, die sich anbiedert. Sie macht keine Zugeständnisse an Modetrends, sondern bleibt ihrem Kern treu: Funktion zuerst, Form als Verstärker. Sie ist wie ein Sportwagen, der lieber auf der Landstraße brüllt, als im Stadtverkehr zu glänzen.

Wer sie trägt, braucht keine große Erklärung – ein Blick auf das mattschwarze Gehäuse reicht. Und wer sie versteht, erkennt darin nicht nur ein Stück Uhrengeschichte, sondern eine Haltung: Man fährt nicht nur von A nach B, man genießt jede Kurve dazwischen.